Monatshygiene – ein unterschätztes Thema

Ca. 50 Prozent der Menschheit haben ca. 35 Jahren lang monatlich ihre Periode. Dieses geht vielfach einher mit Schmerzen, aber auch mit hygienischen Herausforderungen.
In unserer westlichen Welt haben wir das Thema inzwischen gut im Griff. Neben einer Vielzahl von wirksamen Schmerzmitteln bis hin zu hilfreichen Operationen, steht uns auch eine breite Palette an Hygieneartikeln zur Verfügung. Klassischen Einwegprodukte, aber inzwischen auch eine Vielzahl an preiswerten und nachhaltigen Mehrwegprodukten. Somit ist es jedem Mädchen und jeder Frau (mit ganz wenigen Ausnahmen, z.B. bei Obdachlosigkeit) in der westlichen Welt problemlos möglich, an quasi jedem Aspekt des Lebens teilzunehmen, sei es Bildung, Beruf, Sport und Freizeitgestaltung.
Ein lästiger, aber gut beherrschbarer Aspekt des Lebens.

Ganz anders kann es da in Entwicklungsländern aussehen. Ca. 85 % der Frauen und Mädchen leben in Entwicklungsländern. Dort bedeutet die Periode eine Herausforderung.
Einwegprodukte sind relativ teuer und für Familien mit Mutter und mehreren Töchtern nahezu unerschwinglich. Außerdem von viel schlechterer Qualität und dann auch noch häufig schadstoffbelastet. Moderne Mehrwegartikel sind keineswegs standardmäßig verfügbar.
Leider kommt es nicht gerade selten vor, dass junge Frauen sich für Monatshygiene prostituieren und dann viel zu früh schwanger werden. Oder dass sie, mangels verfügbarer Hygieneprodukte, alle vier Wochen für ein paar Tage nicht zur Schule gehen können. Oder dann sogar die Schule ganz verlassen.
Auch Besuche auf dem Markt, die Teilnahme an Festen oder Gottesdiensten und der Beruf können zu Herausforderung bis hin zur Unmöglichkeit werden.

Es ist ein ernstzunehmendes Problem, das einen erheblichen Teil der Menschheit betrifft und dass nach wie vor viel zu wenig Beachtung findet.

Nun hat es mir keine Ruhe gelassen, herauszufinden, wie unsere Schwestern in unserer Partnergemeinde darauf reagieren bzw. damit umgehen.
Lange war ich auf der Suche nach geeigneten Optionen und war schon drauf und dran, vor Ort mit den Ladies zu nähen (was ich generell immer noch sinnvoll finde).
Aber der „Zufall“ („Der Zufall ist das Synonym Gottes.“ ~ Peter Hahne) wollte es, dass ich Stephanie über YouTube und Instagramm und dann auch persönlich in Neumünster begegnet bin. Und Stephanie produziert IN Tansania wunderbare, nachhaltige, langlebige Monatshygieneprodukte.
Kurzentschlossen bestellte ich 50 Sets, die mit einer aufwändig organisierten Transportmethode per Motorrad-Bus-Taxi-Aktion von Lesoit nach Arusha und dann von Silke und mir mit nach Kimosonu genommen wurden.

Jetzt galt es, diese diskret (und in Abwesenheit von Männern) den Damen vorzustellen. Und selbst meine kühnsten Erwartungen wurden bei weitem übertroffen. Wir haben bei den Ladies offene Türen eingerannt. Sie haben den Nutzen SOFORT erkannt und mir all die oben aufgeführten Argumente geliefert: Die Einwegprodukte sind zu teuer und zu schlecht, es gibt ernsthafte Probleme, in ausreichender Zahl für alle Betroffenen etwas zu bekommen. Gerade auch die älteren Anwesenden haben deutlich gemacht, wie sehr sie sich für ihre Töchter und Enkellinnen eine gute Lösung wünschen.
Die 50 Sets haben wir in Kimosonu und Ngabobo verteilt. Sie wurden uns förmlich aus den Händen gerissen und es hätten locker doppelt so viele sein können. Ich bin schon geneigt, einen weiteren Sack zu bestellen. 😉

Jedenfalls war das Ganze ein voller Erfolg.

Und es kommt noch besser: Wir konnten eine kleine Gruppe von Schneiderinnen für das Thema begeistern.
Sie wollen versuchen, selbst in die Produktion einzusteigen.
Da bleiben wir auf jedem Fall im Kontakt und sehen, was die kommenden Monate so bringen.

Ich kann jedenfalls sagen, dass ich überglücklich bin, dass die Aktion so positiv verlaufen ist.
Ich wünsche unseren Schwestern von ganzem Herzen, dass sie in naher Zukunft auch sagen können: „Das Problem ist gelöst.
Es werden vermutlich für die meisten Frauen nie angenehme Tage sein, aber jede Frau und jedes Mädchen hat nach meinem Verständnis das Recht, sich diese „besonderen Tage“ so angenehm wir möglich zu machen.

Katha am 4.6.2023

PS: Waschanleitung
Die Binden werden in einer Tüte oder vergleichbar aufbewahrt und sobald wie möglich gewaschen.
Wichtig: Verfärbungen sind möglich aber kein Dreck
Dann die benutzten Binden in einer Tasse Wasser in einem Eimer einweichen.
Nach 20 oder mehr Minuten ausdrücken und das Wasser weggießen.
Dann mit weiteren 3-5 Tassen Wasser und Seife gut durchwaschen und ausspülen.
Danach zum Trocknen in die Sonne hängen (oder dezent hinter dem Haus auf einen Busch legen).
Die Sonne entfernt evtl. noch übrig gebliebene Keime.

PPS: Ein Set besteht aus zwei „tragenden Elementen“, die in den Slip geknöpft werden und 7 Flanell-Tüchern, die in die beiden „tragenden Elemente“ eingesteckt werden. Ein sehr einfaches, aber effektives System. Hergestellt aus reiner Baumwolle.

Kimosonu 2023
Kimosonu 2023
Kimosonu 2023
Kimosonu 2023